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„Jetzt aber – so spricht der HERR, der dich erschaffen hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir!“ So beginnt das Kapitel 43 des Buches des Propheten Jesaja.
Dieses Zitat steht im Moment auf der Liste meiner persönlichen Lieblingsbibelzitate ganz oben, begleitet mich immer wieder durch den Alltag und hat mich schon öfter zum Nachdenken gebracht, über meine Identität und Berufung als geliebte Tochter Gottes.
Berufen zu einem Herzensthema
Berufung ist für mich nicht erst seit ich hier in der Diözese im Team der Berufungspastoral mitarbeiten darf ein Herzensthema. Es ist quasi ein Dauerbrenner und geht mit vielen Fragen einher. Was bedeutet Berufung überhaupt? Habe ich eine? Wie und wo finde ich sie? Und wenn ich sie gefunden habe, wie und wo lebe ich sie dann?
Schon oft habe ich im Gespräch über dieses Thema gehört, dass sich viele Menschen mit einem Begriff und Verständnis von Berufung schwertun, wo man in einem Moment plötzlich merkt, dass es nur einen bestimmten Weg für das Leben geben kann, der einem wie durch einen Blitz vom Himmel klar und deutlich wird und sämtliche Zweifel verschwinden lässt.
Der Berufungsbegriff hat, wie viele Aspekte unseres Glaubens, sicher einen Wandel erfahren und ist erweitert worden. Für mich persönlich am besten zusammengefasst wird das vom Jesuiten Josef Maureder, der, ähnlich wie es schon Hans Urs von Balthasar und das Zweite Vatikanische Konzil taten, drei Dimensionen von Berufung unterscheidet: Die Berufung zum Menschsein, die Berufung zum Christsein und die Berufung zu einer spezifischen Aufgabe in der Welt.
Berufen vom Mutterleib an
Die Berufung zum Menschsein beginnt bereits vor unserer Geburt. „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt“, heißt es beim Propheten Jeremia. Jeder und jede von uns ist zunächst ein Gedanke Gottes, berufen zum Leben, zum Menschsein in Fülle (Joh 10,10). Alles beginnt damit, dass Gott zu mir sagt: Ich will, dass du bist! Dieser Berufung zum Menschsein zu folgen bedeutet, mich selbst in meiner Würde anzunehmen.
Die Berufung zum Christsein setzt eine weitere Entscheidung unsererseits voraus. Gott bietet uns seine Liebe und Freundschaft an, deren Frucht die Liebe ist, zu Gott, zu meinem Mitmenschen und zu mir selber, die uns aufgetragen ist (Joh 15,15 -17). Diese Freundschaft mit Gott bedarf, genau wie unsere menschlichen Beziehungen, der Pflege, durch das Gebet, das Hören des Wortes Gottes, die Bemühungen, seinen Willen zu tun und unseren Glauben und unsere Erfahrungen mit unseren Mitmenschen zu teilen.
Diese beiden Arten der Berufung teilen wir zunächst einmal alle. Darüber hinaus stellt sich dann die Frage, wie genau mein Weg der Nachfolge aussieht, welche gottgegebenen Fähigkeiten und Talente ich einbringen darf, um das Leben meiner Mitmenschen zu bereichern.
Berufen zur wunderschönen Chance
Diese spezifische Berufung zu entdecken ist gleichzeitig eine wunderschöne Chance und eine riesige Herausforderung, die manche scheinbar leichter bewältigen als andere. Aber letztlich gilt für uns alle, was Viktor Frankl uns mit auf den Weg geben möchte, wenn er sagt: „Wir erfinden unseren Auftrag in dieser Welt nicht, sondern wir entdecken ihn.
Er liegt in uns und wartet darauf, verwirklicht zu werden. Jeder hat eine persönliche Berufung oder Mission im Leben. Jeder muss einer bestimmten Aufgabe nachkommen, die auf Erfüllung drängt. Der Auftrag jedes Menschen ist genauso einzigartig wie die Chance, ihn zu erfüllen.“
Franziska Römelt (geboren 1994 in Mainz) leitet seit Herbst die Gemeinde in Röthis und arbeitet auch in der Berufungspastoral der Diözese mit. Sie hat von 2014 bis Sommer 2020 in Innsbruck Fachtheologie studiert und schreibt derzeit an einer Dissertation. Ölz/KKV
Dieser Artikel stammt von Franziska Römelt und ist im Rahmen einer von Wolfgang Ölz konzipierten Theologen-Serie in der Vorarlberger Kirchenzeitung am 16. Februar 2023 erschienen.