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Aus der Diözese Linz

Pfarrer mit 93 Jahren: Pension kann warten

Mit 93 Jahren leitet Eduard Röthlin die Geschicke der Pfarre Lasberg. Der älteste aktive Pfarrer Oberösterreichs ist ein weltoffener Mensch, der sich von seiner Kirche immer noch Reformen wünscht.

 

„Übertreiben Sie nicht, wenn Sie über mich schreiben.“ Gegen Ende des Gesprächs wird Eduard Röthlin diese Bitte an die Kirchenzeitung richten, freundlich, aber bestimmt. Dem Wunsch kann gerne entsprochen werden, sind doch allein die nüchternen Zahlen beeindruckend.

 

Eduard Röthlin ist mit 93 Jahren der älteste aktive Pfarrer Oberösterreichs – ein Titel, der ihm persönlich eher egal ist, wie Röthlin glaubhaft versichert. 1955 wurde er zum Priester geweiht, in dem Jahr, als die Besatzungszeit Österreichs endete. 


Heute, an einem sonnigen Frühlingstag im März wird er sich fast zwei Stunden Zeit nehmen, um von seinem Leben zu erzählen. Erst seit wenigen Tagen ist er aus dem Krankenhaus zurück im Pfarrhof von Lasberg, wo er alleine lebt und jetzt speziell nach seinem Sturzunfall gepflegt wird.

 

Er brach sich den Oberschenkelhals und war mehrere Wochen lang bettlägerig. Mittlerweile ist er wieder unterwegs, gestützt auf seinen Rollator. Es geht langsam wieder bergauf: Erst vor ein paar Tagen hat er bereits die Messe mit seiner Pfarrgemeinde feiern können. 

 

ER MINISTRIERTE IN NS-ZEIT

 

Eduard Röthlin wurde 1929 als jüngstes von sieben Geschwistern auf einem Bauernhof in Waldhausen geboren. Die Eltern, beide im katholischen Glauben verwurzelt, waren da erst ein paar Jahren vorher aus der Schweiz ins Mühlviertel zugewandert.

 

Eduard Röthlin war Ministrant, als die Nazis begannen, ihr Unwesen zu treiben und den Pfarrer von Waldhausen ins Konzentrationslager brachten. Die Kapläne wurden nach der Feier der Messe wiederholt von der geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhört, mit der ständigen Bedrohung, ebenfalls im KZ zu landen. „Das war jedes Mal eine bedrückende Atmosphäre, weil wir nicht wussten, ob sie wiederkommen“, erinnert sich Röthlin im Gespräch mit der Kirchenzeitung. 


Für ihn sei das eine sehr prägende Zeit gewesen: „Das hat die Verbundenheit mit Gemeinschaft der Kirche gefördert.“ 

 

ZUFLUCHT IN DER SCHWEIZ

 

Für den Wunsch, Priester zu werden, musste er jedoch das Land verlassen. Da die katholischen Schulen in Oberösterreich beschlagnahmt und aufgehoben waren, setzte Eduard Röthlin seine Schulkarriere in der Schweiz, der alten Heimat der Eltern, fort. 1942 kam er ans Gymnasium nach Sarnen im Kanton Obwalden und schloss dort mit der Matura ab.

 

„Politisch habe ich wenig mitbekommen in der Zeit. Die ersten Jahre waren aber nicht einfach. Ich habe am Anfang den Schweizer Dialekt nicht gekonnt, weshalb ich bei vielen Leuten schnell unter Verdacht stand, als Österreicher eine Verbindung zu Hitler zu haben“, erzählt Röthlin. 


Nach dem Krieg führte ihn das Studium wieder zurück nach Österreich. 1950 inskribierte Eduard Röthlin Theologie in Innsbruck, an einer der fortschrittlichsten Fakultäten im deutschsprachigen Raum.

 

„Für mich war das ein Glücksfall, es gab dort viele gute Professoren“, erzählt er. Der prominenteste von ihnen war Karl Rahner, einer der weltoffensten und bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. 

 

FÜR VERHEIRATETE PRIESTER

 

Das sollte auch auf Eduard Röthlin abfärben, der sich bis heute offen für Reformen in der katholischen Kirche ausspricht. Dass Priester nicht heiraten dürfen, sieht er als einen der Hauptgründe für den Nachwuchsmangel.

 

Frauen als Priesterinnen kann er sich ebenso gut vorstellen. Er sieht dabei besonders bei der Leitung der Pfarren eine inkonsequente Haltung in der katholischen Kirche. „Die Seelsorgerinnen und Seelsorger, die Pfarrgemeinden leiten, etwa als Pfarrassistenten, sollten eigentlich zu Priestern geweiht werden. So wie es aber derzeit läuft, wird das Amt des Priesters abgewertet.“  

 

Während der Wunsch nach diesen Reformen bislang noch unerhört blieb, hat Röthlin andere Veränderungen in Kirche miterlebt und auch mitgestaltet: so etwa die Einführung der ständigen Diakone in Oberösterreich, für deren Ausbildung er in der Diözese Linz jahrzehntelang zuständig war.

 

Zu den unerfreulichen Entwicklungen gehört hingegen das Abnehmen der Kirchenbesucher:innen. „Als ich 1999 nach Lasberg kam, war es noch viel selbstverständlicher als heute, am Sonntag in die Kirche zu gehen“, sagt Röthlin. 

 

GUTER PREDIGER

 

Trotz dieser Umstände ist er immer noch sehr gerne Priester. Wie charakterisiert er sich selbst als Pfarrer?  „Ich bin ein eher scheuer Mensch im persönlichen Kontakt. Dafür predige ich sehr gerne und denke, dass ich ein gewisses Talent dafür habe“, sagt Röthlin.

 

Er ist jedenfalls ein Mensch, der immer etwas zu tun haben will. Aus diesem Grund hat er als 75-Jähriger, nur um die Form zu wahren, seinen Rücktritt als Pfarrer angeboten. „Ich habe dann schon gesagt, dass ich bleiben will.“

 

Da diesem Wunsch entsprochen wurde, leitet er immer noch die Geschicke der Pfarre Lasberg, in enger Zusammenarbeit mit den engagierten Laien und Diakon Walter Ortner. „Ich habe derzeit nicht den Wunsch, zurückzutreten. Wenn möglich, bleibe ich in Lasberg, ich kann hier immer noch mehr tun als ein Pfarrmoderator, der vier oder fünf Pfarren hat“, spricht Röthlin den Vorteil an, sich auf eine Pfarre konzentrieren zu können.

 

Gleichzeitig wolle er aber keine notwendigen Veränderungen blockieren. Immerhin sei die Pension kein Schreckgespenst. Was ihn dabei positiv stimmt, sind die Erfahrungen der letzten Wochen und Monate. „Wie ich im Krankenhaus gelegen bin, ist die Pfarre nicht stillgestanden, weil es viele fleißige Menschen in der Pfarre gibt. Es ist auch ohne mich weitergegangen.“ 

 


Dieser Artikel stammt von Paul Stütz und ist in der Linzer Kirchenzeitung vom 9. März 2023 erschienen.

 

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