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Herr Stadler, die Urlaubszeit neigt sich dem Ende zu. Wie urlaubte denn ein Tourismus(pastoral)experte in diesem besonderen Corona-Jahr?
Entspannt vor Ort! Ich nutzte die Zeit, um neue Wege und Regionen kennenzulernen, musste aber schon achtgeben, nicht gleich wieder alles mit der „beruflichen Brille“ zu sehen. Ich achte sehr auf eine ganzheitliche Erholung, damit die Seele mich wieder einholen kann, wo die Rahmenbedingungen der Coronazeit mich zu sehr gehetzt haben. Es tut gut, wieder in das innere Gleichgewicht und die innere Ruhe zu kommen.
Die Pandemie hat ja auch heuer dazu geführt, dass viele Menschen das eigene Land (neu) entdeckt haben. Ein Trend, den auch die Tourismuspastoral spürt?
Ja, die Menschen sind wieder mehr im eigenen Land unterwegs, mitunter aber auch noch sehr verhalten. Bei den Gottesdiensten und den pastoralen Aktivitäten gab es zumindest bis Mai, aber auch im Juni und Juli, noch einschränkende Maßnahmen bzw. einen erhöhten Organisationsaufwand z.B. aufgrund der 3G-Kontrollen. Größere Zusammenkünfte werden von älteren Menschen eher gemieden. Ich sehe das bei unseren Campinggottesdiensten. Viele Reisende und Touristen sind individuell unterwegs und gestalten sich ihren Urlaub in kleineren Kreisen. Hier sind die Pfarren vor Ort gefragt, entsprechende Angebote für Menschen unterwegs zu entwickeln.
Der September wird kirchlich traditionell als Schöpfungszeit begangen. Hat Corona eine neue Sensibilität für Umweltfragen beim Reisen gebracht?
Da bin ich mir nicht sicher. Viele haben das Zuhause-Bleiben und das Erleben der näheren Umgebung als ein „Nebenprodukt“ der eingeschränkten Reisefreiheit erfahren. War auch schön, aber sobald es Gelegenheit gab, wurde wieder das Meer anvisiert. Aufgrund der Maskenpflicht wurden vielfach längere Zugreisen vermieden und das eigene Auto benutzt. Nachhaltiges Reisen ist nicht unbedingt einfacher und billiger als herkömmliches Reisen. Nach Wochen der Einschränkungen wollten die Menschen einfach schnell los und raus.
Sie sind auch Sprecher des Netzwerks Pilgern in Österreich. Pilgern gilt als eine der sanftesten Arten des Reisens. Hält dieser Boom weiterhin an?
Die Nachfrage zu Informationen über heimische Pilgerwege war im Februar und März ganz stark. Hier haben bestimmt einige ihren Urlaub in Form einer Pilgerwanderung geplant. Diesem Wollen stehen aber immer wieder konkrete Herausforderungen im Zusammenhang mit der Coronapandemie gegenüber. So hatten im Mai noch viele Beherbergungsbetriebe geschlossen, gab es eingeschränkte Kapazitäten in den Restaurants, musste man sich rechtzeitig um einen Testtermin für den entsprechenden Nachweis kümmern und diesen unterwegs erneuern – eine Vielzahl an Problemen, welche dann doch den einen oder anderen davon abhielten, sich auf Pilgerschaft zu begeben.
Welchen Beitrag kann „die Kirche“, können Pfarren und Gemeinden eigentlich tatsächlich in Sachen Klima- und Umweltschutz leisten?
Da sehe ich zum einen Potential in der Bewusstseinsbildung für die Bewahrung der Schöpfung und beim Thematisieren von Klima- und Umweltschutzfragen in unseren pfarrlichen und diözesanen Veranstaltungen, Aktivitäten, Gremien etc. Gleichwichtig ist aber das konkrete Beispielgeben und Vorangehen bei Klima- und Umweltschutzmaßnahmen: das umweltfreundliche Pfarrfest, ein Pfarrausflug mit öffentlichen Verkehrsmitteln, nachhaltiges Energiemanagement bei kirchlichen Gebäuden, das Verwenden regionaler Produkte, eine entsprechende Mülltrennung in pfarrlichen Bereichen und vieles andere mehr.
Mag. Roland Stadler
ist Leiter des Referats für Tourismusseelsorge der Diözese Gurk-Klagenfurt und Sprecher des Netzwerkes Pilgern in Österreich.