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Wir haben zu danken!

Öfter mal offline

Was hält uns davon ab, ein Leben in Dankbarkeit zu führen? Nicht zuletzt die ständige Verfügbarkeit und mediale Dauerreizung. Dagegen empfiehlt Evelyn Pammer, sich öfter mal an der „Dank-Bar“ zu treffen …

 

 

Wofür bist du dankbar? Genau jetzt, in diesem Moment. Für die wärmende Tasse Tee? Für deine Mitbewohnerin? Für das Smartphone in deiner Hand? Für die einfühlsame Betreuung beim Arzt? Für all das, was dir bislang erspart blieb? Für die Selbstverständlichkeit, dich frei bewegen zu können? Für die gemütliche Bank im Hinterhof? Für deine Eltern und Geschwister? Für deine Gesundheit? Für den noch erwischten Zug? … Wir hier in unserer westlichen Welt betrachten so vieles als selbstverständlich und beschweren uns und sind undankbar, wenn es dann einmal nicht so ist. „Ich beschwere mich!“ Allein schon die Formulierung! Ich selber bringe Schwere in mein Leben, wenn ich mich „be-schwere“ …

 

Eine Studie hat gezeigt, dass Menschen, die ein Dankbarkeitstagebuch führen, besser schlafen. Das ist doch eine wertvolle und nachahmenswerte Erkenntnis! Und im Grunde ja auch ganz logisch. Kurz vorm Einschlafen konzentriert man sich mithilfe des Tagebuchs nochmals auf Schönes, verfestigt es durch das Aufschreiben und versinkt danach vermutlich mit einem Lächeln im Gesicht im Bett.

 

Handy aus, Herz an

Im Gegensatz dazu hängen die meisten bis spät in die Nacht an den Mobilgeräten, lesen vermutlich nicht nur gute Nachrichten, und das blaue Licht ist erwiesenermaßen schlecht, um zur Ruhe zu kommen. Das Einschlafen fällt schwerer, weil sich das Gehirn bis zur letzten Minute anstrengt, die Gedanken nur so durch den Kopf sausen und Geist und Herz nicht zur Ruhe kommen lassen. Am nächsten Tag wacht man gerädert auf, die Mattheit vermehrt sich im Laufe der Woche und der Fokus liegt nur mehr darauf, wie man die Tage bis zum Wochenende noch halbwegs übersteht.

 

Falls das nun sehr belehrend und besserwisserisch klingt: Keineswegs! Ich muss mich selbst oft genug an der Nase nehmen und gehöre leider auch vorwiegend zur Spezies Online-bis-zur-letzten-Minute. Aber ich versuche mich zumindest stunden- oder tageweise in Besserung, sprich: WLan aus für die eine oder andere Stunde oder ab einer gewissen Abendzeit, was sich berufsbedingt oft genug nicht durchhalten lässt. Aber ich schaffe mir dadurch Bewusstsein und übe.

 

Streit um's Häferl

Plötzlich tun sich Momente auf, in denen man für etwas dankbar ist, das nicht ist, nämlich eben zum Beispiel am Handy nicht erreichbar zu sein. Wir haben täglich, stündlich, minütlich eine schier unendliche Auswahl an Möglichkeiten, wir dürfen uns jeden Tag so oft entscheiden. Das beginnt schon in der Früh bei der Kleidung, bei der Wahl des Kaffeehäferls, beim Frühstücksweckerl – wenngleich das natürlich läppische Beispiele sind oder sie zumindest auf den ersten Blick läppisch erscheinen. Denn stell dir vor, du greifst schlaftrunken nach irgendeinem Häferl im Regal und du erwischst zufällig das Lieblingshäferl deines Partners: Du weißt das eigentlich, denkst aber grad nicht dran, weil du den Radionachrichten lauschst. An diesem Morgen wird das ad hoc keine Rolle spielen, weil er nichts sagt oder erst nach dir aufsteht oder keinen Kaffee trinkt, weil in Eile. Aber er merkt es sich – unbewusst – und irgendwann im Streit reißt sein Geduldsfaden, „weil du immer meine Sachen nimmst!“. In Wahrheit geht’s natürlich um ganz was anderes, aber das Häferl ist in dem Moment ein Symbol für die aufgestaute Wut, obwohl dieser Morgen vermutlich schon Tage oder Wochen zurückliegt …

 

Schon wieder ein Anlass zur Dankbarkeit: Schon seit Tagen nicht gestritten! In dieser Entscheidungsfreiheit liegt gleichzeitig des Menschen große Chance, denn wir können uns jeden Tag, ja, jede Stunde aufs Neue entscheiden, wie wir aufs Leben schauen wollen, in all seinen optimistischen, pessimistischen und realistischen Ausformungen.

Was sagte der britische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon? „Nicht die Glücklichen sind dankbar – es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“

 

 

 

 

Evelyn Pammer

 

Evelyn Pammer ist studierte Bildungswissenschaftlerin und Lehrerin für Englisch und Philosophie/Psychologie. Über Umwege ist sie beruflich in der Politik gelandet und als Persönliche Mitarbeiterin von Nationalratsabgeordneten im Parlament tätig.

 

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2018 | Ausgabe Jänner/Februar 2018

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