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Mag. Lukas Cioni

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Unsere Themen im Jahr 2018

Haben die Orden noch Chancen?

Wie steht es um das Ordensleben 1968? Damals wie heute waren es dieselben Fragen, dieselben Probleme, die die geistlichen Vertreter beschäftigten: wie hält man Kirche und Orden lebendig für Menschen, die das Interesse daran scheinbar völlig verloren haben?

 

In einer Zeit wie der unsrigen, wo sich im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich vieles geändert hat, kann sich auch die Kirche nicht aus dem allgemeinen Trend heraushalten. Sie lebt ja in der Geschichte und muss die Menschen ihrer Zeit zu verstehen suchen, ja sie muss sich in gewissem Sinn der jeweiligen geschichtlichen Situation anpassen, damit sie ihre Heilssendung gerade für diese Zeit erfüllen kann. Wäre das Leben der Kirche in konservativen Formen erstarrt, die aus einer weit zurückliegenden Epoche stammen, so könnte sich der heutige Mensch vom kirchlichen Leben weder angesprochen noch angezogen fühlen. Das gilt in besonderer Weise für den jungen Menschen, in dem das Gefühl für das Zeitgemäße besonders wach und lebendig ist.

 

Wendet man diese Überlegungen auf das Ordensleben an, welche Konsequenzen ergeben sich dann? Haben wir es hier nicht mit "Alterserscheinungen"  kirchlichen Lebens zu tun? Begegnen wir hier nicht Lebensformen, die mit unserem heutigen Empfinden nicht mehr zu vereinbaren sind? Müsste man nicht den Mut haben, die alten Traditionen über Bord zu werfen und neue Lebensformen zu schaffen, die geradezu unserer Zeit, unseren Bedürfnissen entsprechen? Diese Fragen lassen sich nicht so einfach beantworten, denn wir müssen zuvor noch tiefer in dieses Leben eindringen, damit wir nicht etwa voreilig etwas verwerfen, was wir in den tiefen Schichten im Kern, noch gar nicht zu Gesicht bekommen haben.

 

Worum geht es eigentlich im Ordensleben? Was ist der Kern, und was ist die äußere, wandelbare Hülle? Das ist die Frage. Wenn man sich mit den verschiedenen Programmen (Regeln) der Ordensstifter befasst, sieht man ganz deutlich, dass es bei aller Verschiedenheit doch allen darauf ankommt, das Evangelium zu verwirklichen, Christus nachzufolgen und für die Kirche zu leben. Und dies nicht in privater Unverbindlichkeit, sondern gemeinschaftlich, in einer Lebensform, welche die kirchliche Autorität anerkannt hat. Ordensregeln und Ordensgründer verweisen also auf die solide Grundlage des Evangeliums, heben einzelne Forderungen der Nachfolge Christ besonders hervor und zeigen, wie man sie konkret leben kann. Allerdings sind die konkreten Anleitungen vielfach zeitgebunden und müssen darum aus dem Geist der Gründer neu interpretiert werden.

 

Die Substanz des Ordenslebens ist jedoch nicht dem zeitlichen Wandel unterworfen. Die Nachfolge Christi in Armut und Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen, im Gehorsam als Mitvollzug der Gesinnung Christi, im Zeugnis der christlichen Brüderlichkeit, ist nach wie vor aktuelle und gehört zur Fülle kirchlichen Lebens. Im Grunde genommen, stehen die Orden vor derselben Aufgabe, vor der die gesamte Kirche, vor der auch Laienbewegungen und Pfarrgemeinden stehen: Sich aus den Quellen christlichen Lebens so zu erneuern, dass sie fähig werden, ein kraftvolles Zeugnis für die Anwesenheit Gottes gerade in unserer Zeit zu geben. So wie man sich nicht eine erneuerte Kirche erwarten darf, ohne sich selbst zu engagieren, so darf man sich auch die Erneuerung der Orden nicht erwarten ohne entsprechende Einsatz.

 

Man sagt manch mal, die Orden haben ihr Kräfte verloren. Aber muss man nicht auch sagen, unsere Jugend hat nicht mehr die Kraft und das Engagement, sich restlos dem Geist Christi auszuliefern? Ist sie nicht zu sehr an den Geist dieser Welt mit all ihren Bindungen und Genüssen verhaftet? Schiebt sie nicht oft veraltete Formen vor, um sich so vor dem eigenen Gewissen zu rechtfertigen? Lebt sie nicht zu sehr eine falsch verstandenen Freiheit? Die Freiheit der Kinder Gottes, von der der heilige Paulus spricht, ist Freiheit zum höchsten Einsatz im Reich Gottes. Der Geist Gottes macht den Menschen erst innerliche frei und löst jene Kräfte der Liebe, durch die der Mensch er fähig ist, aus ganzem Herzen Gott zu lieben.

 

Außerdem wäre es einen verfehlte Haltung, wenn sein junger Mensch seine Entscheidung deshalb hinausschieben oder ändern wollte, weil er den im Sinn des Konzils erneuerten Orden nicht vorfindet. Er wird ihn überhaupt nur finden, wenn er mit seinen ganzen Kräften bereit ist, an dieser Erneuerung mitzuwirken. Gerade der jungen Generation ist es aufgegeben, ihr Leben in das große Werk der Erneuung zu investieren, damit die Orden – und durch sie auch die Kirche – ihre Funktion als Zeichen des Heiles für die Menschen unserer Zeit besser erfüllen können.

 

So könnte man am Weltgebetstag für geistliche Berufe unserer Jugend die Worte des Propheten Isaias im 43. Kapitel zur Besinnung und Aufrüttelung zurufen: „Denket nicht immer nur an das Frühere und achtet nicht auf das Vergangenen. Sieht, ich tue Neues; schon sproßt es. Merkt ihr es nicht?“


 

 

 

 

 

 

Prälat Alois Stöger

 

 

 

1921 (Suben, OÖ) -1998 (Johannesburg, Südafrika)

 1957-1992 Abt von Wilten-Innsbruck

 

 

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