Kontakt

 

Mag. Lukas Cioni

Redaktionsleiter "miteinander"

Stephansplatz 6

1010 Wien

Tel.: +43 1 516 11-1500

 

Sie haben eine neue Adresse? Schreiben Sie uns hier oder rufen uns unter DW 1504 an.

 

Redaktion & Impressum

Herzklopfen

Wie ein sachtes Anklopfen...

Es ist Gott selbst, der Berufungen schafft. Dieses Gerufen-Werden geht stets mit Herzklopfen einher: mit dem Gefühl, gebraucht zu werden, aber auch mit dem Erschaudern vor der Größe der Aufgabe.

 

Gott klopft an die Tür meines Herzens. Das ist der Beginn einer jeden Berufung. Sie beginnt mit dieser Initiative Gottes. Das müssen wir heute, wo so viel vom selbstbestimmten Menschen die Rede ist, aushalten, denn das heißt ja, dass wir unser Leben nicht selbst designen. Berufung meint, dass jemand von außen an mich herantritt und mich ruft. Warum sollten wir auf ihn hören? Weshalb sollten wir ihn beachten? Worin liegt seine Berechtigung, dies zu tun? Wir wollen uns doch nicht in unser Leben dreinreden lassen!

 

Wenn wir gläubig sind, dann ist uns bewusst, dass Gott auf eben diese Weise an unser Herz klopft. Er zeigt uns seine Liebe, indem er uns das Leben schenkt, indem er uns mit den Gaben der Schöpfung beschenkt und auch indem er uns zu einer unverwechselbaren Persönlichkeit werden lässt – mit einer einzigartigen Geschichte und ganz speziellen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Und gerade weil er uns zu dieser Persönlichkeit hat werden lassen, hat er ein Interesse daran, dass wir unsere Möglichkeiten auch ausschöpfen, dass wir von dem Gebrauch machen, womit er uns ausgestattet hat.

 

Unverwechselbares Leben

 

Er fordert das aber nicht martialisch ein, es ist vielmehr das sachte, liebevolle Anklopfen an die Tür unseres Herzens, mit der er uns dazu einlädt, unserer Berufung zu folgen. Aus diesem Grund verleugnen wir auch nicht unsere Persönlichkeit, wenn wir ihm folgen. Es führt uns vielmehr tiefer zu uns selbst, lässt uns unser Leben besser verstehen, fördert das Entdecken und Ausgestalten unserer individuellen Möglichkeiten. Es geht in all dem darum, dem zu entsprechen, was Gott in uns an Fähigkeiten angelegt hat, und damit zu unserem eigenen, unverwechselbaren Leben in der Nachfolge Jesu zu kommen.

 

Doch schon ein Blick in die Heilige Schrift zeigt uns, dass es geradezu zum Wesen einer Berufung durch Gott gehört, dass diejenigen, die von ihm direkt in eine besondere Aufgabe gesandt werden, mit Skepsis reagieren. Da ist Mose, der um seine nicht ganz unproblematische Vergangenheit weiß und deshalb daran zweifelt, ob er tatsächlich der Richtige ist, um das Volk Israel aus Ägypten zu führen.

 

Da ist Jona, der um die unangenehmen Folgen weiß, die damit verbunden sein werden, wenn er die Bewohner Ninives zur Umkehr ruft. Oder Jeremia, der sich der Herausforderung, als Prophet zu wirken, schlicht nicht gewachsen fühlt, weil er noch so jung ist und seiner Meinung nach nicht reden kann. Auch im Neuen Testament ist es nicht anders: Maria zweifelt angesichts der Größe der Verheißung, die an sie ergeht, und Paulus muss vom Pferd geworfen werden, um zu merken, dass er sich dem Ruf Gottes nicht mehr entziehen kann. Angesichts der unendlichen Liebe Gottes werden sie sich ihrer eigenen Begrenztheit bewusst.

 

Erschrecken vor der Berufung

 

Hier kommt nun eine andere Dimension des Herzklopfens dazu. Es ist das Klopfen der Herzen all derer, die von Gott gerufen werden, einen bestimmten Auftrag zu übernehmen und ihrer Berufung zu folgen. Es ist keineswegs so, dass sie erfreut ausrufen, die ganze Zeit nur auf den Moment gewartet zu haben, in dem ihnen klar wird, was sie von Gott her zu tun haben. Stattdessen sind sie in der Regel so aufgewühlt von dem großen Vertrauen, das Gott in sie setzt, dass sie vor ihrer Berufung erschrecken. Sind sie wirklich die Richtigen für diese Aufgabe? Können sie der Berufung, die Gott an sie richtet, tatsächlich entsprechen?

 

Es scheint in der Tat so zu sein, dass es auch heute – trotz mancher Schwerhörigkeit Gott gegenüber – leichter ist, sein Klopfen an mein Herz wahrzunehmen, als seinem Ruf dann auch tatsächlich zu folgen und das umzusetzen, was er von mir will. Umgekehrt ist es ein Kennzeichen jeder "echten" Berufung, dass sie beim Empfänger auch ein Erschrecken auslöst, dass sein Herz schneller schlägt angesichts des unbedingten Anspruchs, mit dem Gott in sein Leben tritt, und angesichts der doch nur endlichen Möglichkeiten, die mir gegeben sind. Denn es verlangt den Sprung ins Ungewisse, den die Zukunft doch immer darstellt. Wird das Seil, die Verbindung zu Gott, ausreichen und stark genug sein, um angesichts der kommenden Anforderungen zu bestehen?

 

Das Klopfen Gottes

 

Es gibt daher noch ein Klopfen, das gerne übersehen wird und das auf den ersten Blick vielleicht Erstaunen auslöst. Es ist das Klopfen dessen, der die Stimme Gottes wahrnimmt, an die Tür und das Herz des Herrn selbst. Wer seine Berufung erkennt, das Klopfen Gottes ans eigene Herz wahrnimmt, der wird danach fragen, wie er dem allem gerecht werden kann. Und er wird sich daher an den wenden, der die Ursache dieses Herzklopfens ist: an Gott selbst. Er wird bei ihm anfragen, wie er seinen Weg gehen kann. Er wird seinen Berufungsweg nicht ohne den Urheber dieser Berufung gehen wollen. Und er wird deshalb – im Gebet – an das Herz Gottes klopfen. Dabei darf er vertrauen, dass Gott ihm sein Herz öffnet, dass er dieses Klopfen nicht überhören wird, sondern an seiner Seite steht.

 

Berufung – das wird deutlich – ist kein einseitiges Geschehen von Gott hin zum Menschen, bei dem nur einer, Gott, den aktiven Part hat und der andere, der Mensch, sozusagen das Objekt eines Geschehens ist, dem er sich ohnehin nicht entziehen kann.

 

Dort, wo unsere Antwort positiv ausfällt, wir den Sprung in seine Arme wagen, sind wir weiterhin auf das Mitgehen Gottes angewiesen. Er soll und er will uns auf unserem Weg beistehen. Er begleitet unsere Berufung durch alle verschlungenen Pfade und Prüfungen hindurch. Mit dieser Verheißung dürfen wir es wagen, auf seinen Ruf zu antworten. Ein Ruf, bei dem es um mehr geht als um das Erfüllen einer Pflicht. Ein Ruf, der unser aktives Mitgehen verlangt und in die Freiheit führt, weil er den Kern unseres Personseins betrifft und weil er in eine noch tiefere Liebe führt.

 

Michael Maas


Michael Maas ist Direktor des Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz in Freiburg.

 


 

Beim Text handelt es sich um eine Kurzfassung eines Artikels aus dem Werkheft "Herzklopfen" des Zentrums für Berufungspastoral in Freiburg anlässlich des Weltgebetstags für geistliche Berufungen. Sie finden den Artikel auch im Werkheft des Canisiuswerkes.

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2016 | Ausgabe April

Jetzt kostenloses Probeabo bestellen!

CANISIUSWERK
Zentrum für geistliche Berufe

Stephansplatz 6
1010 Wien

Telefon: +43 1 516 11 1500
E-Mail: office@canisius.at
Darstellung: