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Wieder auf eigenen Füßen stehen

Im "Haus für Mutter und Kind" der Caritas Socialis finden Frauen mit ihren Kindern in Krisensituationen Unterkunft und neue Perspektiven.

 

Der kleine Nikolas lacht, drückt seiner Mama eine kleine Plastikkuh in die Hand und wendet sich wieder den Spielsachen auf dem Teppich zu. Mit seinen blonden Locken, den blauen Augen und dem zahnlosen, strahlenden Lächeln fällt er eindeutig in die Kategorie "Sonnenscheinkind". Vor einem Jahr zog er – damals ein Monat alt – mit seiner Mutter Elisabeth N. in das "Haus für Mutter und Kind" der Caritas Socialis im neunten Wiener Gemeindebezirk. Zusammen bewohnen sie eine der kleinen Wohnungen, die Müttern und ihren Kindern auf dem Weg in die Selbstständigkeit zur Verfügung stehen.

 

"Ohne Alimente geht sich eine eigene Wohnung geldmäßig nicht aus", erklärt Elisabeth N. Die junge Mutter nimmt Nikolas auf den Schoß und zeigt die Innenseite ihres Handgelenks, auf die der Name ihres Sohnes tätowiert ist. "Die Atmosphäre im Haus ist gut", sagt sie, "und es gibt viele kleine Kinder und ein paar Babys in Nikolas’ Alter."

 

Ziel: eigene Wohnung

 

Sechzehn Frauen aus neun Nationen leben derzeit mit ihren 24 Kindern in dem Haus. Ihre Biografien sind unterschiedlich, ebenso die Gründe, die sie ins Haus der Caritas Socialis geführt haben. CS-Schwester Sieglinde Ruthner, Leiterin des Hauses, kennt sie alle: "Es gibt Frauen mit vielen Schulden, andere sind durch Gewalt oder Flucht traumatisiert. Wir haben auch ganz junge Frauen, die mit ihrem Kind überfordert sind und vieles erst lernen müssen." Delogiert, weil sie die Miete nicht zahlen können, vom gewalttätigen Partner aus der Wohnung geworfen oder vom Jugendamt geschickt, finden die Frauen für durchschnittlich einenhalb Jahre ein Zuhause im CS-Haus. Ziel ist es, sie so zu unterstützen, dass sie mit ihren Kindern in einer eigenen Wohnung leben können.

 

Ein Team aus einer Sozialarbeiterin, einer Pädagogin, einer Psychotherapeutin und einer hauswirtschaftlichen Fachkraft betreut die Mütter und die Kinder. "Die Frauen werden individuell begleitet und haben einmal pro Woche ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin", erklärt Sr. Sieglinde. Schuldenreduktion, Traumabearbeitung oder die Bewältigung des Alltags können Thema der wöchentlichen Treffen sein. Das reine Frauenteam wird seit einigen Jahren durch einen männlichen Mitarbeiter ergänzt. Er steht den Kindern, die zum Teil schlechte oder keine Erfahrungen mit Männern gemacht haben, als positive männliche Bezugsperson zur Verfügung. "Er spielt mit ihnen oder geht mit ihnen ins Museum", erzählt Sr. Sieglinde, "für die Kinder ist er sehr wichtig."

 

Hilfe für unverheiratete Schwangere

 

Die Sozialpolitikerin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Hildegard Burjan (1883–1933), gründete im Jahr 1924 das erste Mutter-Kind-Heim. Unverheiratete schwangere Frauen hatten es damals besonders schwer und blieben häufig ohne jegliche Unterstützung. Selbstmord, Abtreibung oder Kindesweglegung schienen vielen die einzigen Auswege. Burjans Anliegen war es, den Frauen Unterkunft zu bieten und neue Perspektiven aufzuzeigen. Die Initiative Burjans stieß allerdings zunächst auch innerhalb der katholischen Kirche auf Widerstand. Der Vorwurf stand im Raum, dass ihr Engagement die Unmoral fördere. Doch der damalige Erzbischof von Wien, Kardinal Friedrich Gustav Piffl, ließ sich nicht beirren, unterstützte Burjan und weihte das Haus persönlich ein.

 

Seit über neunzig Jahren arbeiten die Schwestern der Caritas Socialis daran, im Sinne von Hildegard Burjan, "die Not an der Wurzel zu packen". Sr. Sieglinde zitiert einen Satz der 2012 seliggesprochenen Ordensgründerin, der ihr als Leitmotiv dient: "Mit Geld oder Kleinigkeiten ist einem Menschen nicht geholfen. Man muss ihn wieder auf die Füße stellen und ihm die volle Überzeugung geben: Ich bin jemand und ich kann etwas leisten."

 

Sie hat's geschafft!

 

Sr. Sieglinde erlebt in ihrer Arbeit oft, wie Frauen sich auf die Füße stellen und der Weg in ein selbstbestimmtes Leben gelingt. Fast alle Frauen, die aus dem CS-Haus aus- und in eine Gemeindewohnung einziehen, könnten die Wohnung halten, erzählt sie mit Stolz. "Es ist schön, zu sehen: Sie hat’s geschafft!" Dass der Sohn einer ehemaligen Bewohnerin nun in die dritte Klasse Gymnasium geht, wie sie kürzlich erfahren hat, freut die Ordensfrau sehr. Die junge Mutter Elisabeth N. ist sich über ihre Ziele im Klaren: In ein paar Jahren sieht sie sich in einer eigenen Wohnung, mit Job und Nikolas, zufrieden in einer Kindergruppe.

 

Sandra Lobnig

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2016 | Ausgabe Mai/Juni

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