• Ausgabe 9 / 2015

    DAS ERGIBT SINN!

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Unsere Themen im Jahr 2015

Der Schatz der Gegenwart

Es braucht Ruhe, um den wahren Grund des Lebens zu entdecken und der Frage nach dem Sinn eine Richtung zu geben.

 

Ich sitze auf einer Bank in unserem Klostergarten. Es ist ein strahlender Sommertag, blauer Himmel, die Sonne wärmt mein Gesicht und ich höre das leise Geplätscher vom Klosterteich. Auf einem Ast der großen Linde singt ein Vogel sein Lied. Da fällt mir eine Geschichte von Anthony de Mello ein: „Warum singt der Vogel?“, fragte der Meister. „Ein Vogel singt nicht, weil er eine Aussage machen will. Er singt, weil ihm ein Lied gegeben ist.“


Wir Menschen fragen uns manchmal: Warum lebe ich auf dieser Welt? Was ist der Sinn meines Lebens? Der Vogel hat es leicht. Er singt, weil es ihm gegeben ist. Er denkt nicht darüber nach, sondern folgt seiner inneren Stimme. Aber wie hören wir die Stimme unseres Herzens? Dafür muss es still werden. Doch schauen wir unseren Alltag an: Er ist gefüllt mit Anforderungen, manchmal Überforderungen, mit Lärm und Hektik, mit Leistungsdruck und Stress. Wir sehnen uns nach Ruhe und Stille und gleichzeitig scheint es oft unmöglich, aus diesem Hamsterrad auszusteigen.


Stille braucht Schutz. Exerzitien bieten einen geschützten Rahmen: ein paar Tage lang frei von Handy und Laptop, frei von familiären und beruflichen Rollen und viel Zeit für mich und für Gott.


Zu Grunde gehen
Wenn wir alle Rollen und Masken ablegen, kann sich unser echter und wahrer Kern zeigen. Die Stille macht uns empfindsamer für die Lebenswirklichkeit und so mancher Schein verliert seine Wichtigkeit. Im wahrsten Sinn des Wortes geht es um ein zu Grunde gehen, darum, den wahren Grund meines Lebens zu entdecken. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist nicht eine Frage des Verstandes, sondern eine Sache des Herzens.


Exerzitien lehren uns, der Frage nach dem Sinn eine Richtung zu geben – und das ist Gott. Wenn wir versuchen, diese Frage ständig nur im Kopf zu beantworten, ist die Gefahr groß, dass wir um uns selber kreisen. Ein Exerzitien-Teilnehmer sagte unlängst: „Ich habe schon viele Therapien und Selbsterfahrung gemacht, aber ich spüre, ich komme um das Göttliche nicht herum.“


Im Jetzt Sinn finden
„Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“, sagt die Stimme aus dem brennenden Dornbusch zu Mose. Es ist Jahwe, der „Ich-bin-da“, der ihn so anspricht. Der Sinn des Lebens liegt immer in der Gegenwart. Oft sind wir mit unseren Gedanken in der Zukunft oder gehen zurück in die Vergangenheit. Doch unser Leben liegt im Augenblick, dort ist der heilige und heilende Boden.


Wenn ich das auf mich umlege, heißt das: Ich bin jetzt hier auf meiner Bank im Garten, höre den Vogel, spüre die Sonne auf meiner Haut, bin einfach nur hier. Später werde ich für unsere Gemeinschaft das Abendessen bereiten, abwaschen, zum gemeinsamen Gebet gehen. Klingt alltäglich und unspektakulär. Doch genau da liegt der Schatz verborgen: mit meiner Achtsamkeit und mit meiner Liebe in der Gegenwart zu sein, sei es im Gespräch, sei es bei der Arbeit, immer.Da bin ich gehalten, auch an den dunklen Tagen meines Lebens.


Langsam bricht die Abenddämmerung über den Himmel herein und der Vogelgesang verstummt. Die Welt zieht sich ins Schweigen zurück. Ich nehme meine Sachen und spaziere barfuß durchs Gras zurück ins Kloster, langsam, Schritt für Schritt.


Elisabeth Berger

www.energiefuerdieseeletanken.at

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