• Ausgabe 10-11 / 2015

    AUFRUF ZUR BARMHERZIGKEIT

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Mag. Lukas Cioni

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Unsere Themen im Jahr 2015

Gottes Weg für mich

Für Astrid Kofler waren drei Berufsmöglichkeiten nach der Schule zu wenig. Also wagte sie etwas Neues und wurde Jugendleiterin.

 

„Wenn ich eine Zusage kriege, ist das der Weg, den Gott für mich vorgesehen hat. Dann kann ich nicht viel verlieren.“ Das war mein Gedanke, als der Dekanatsjugendleiter in Bildungskarenz ging und mich fragte, ob ich übernehmen wolle. Zuerst hatte ich Zweifel, ob ich das kann. Aber jetzt bin ich schon seit 2006 Dekanatsjugendleiterin in Prutz und mit 29 Jahren fast die Dienstälteste. Ursprünglich sollte mein Weg ganz anders aussehen. Bei uns gab es für Mädchen genau drei Berufe: Frisörin, Verkäuferin oder Gastgewerbe. Ich hatte die Zusage für eine Lehrstelle in einem Dekogeschäft, doch am Abend vor Beginn der Berufsschule rief meine künftige Chefin mich an und sagte ab – keine Ausbildungsberechtigung. Trotzdem durfte ich die Berufsschule als außerordentliche Schülerin besuchen und fand durch ein Bewerbungstraining eine Lehrstelle in einer Bäckerei, die ich erfolgreich abschloss.

 

Jugendraum gegen tote Hose

Nach dem Konkurs der Bäckerei stand ich wieder vor der Frage: Was nun? Ich stieß in meiner Tiroler Heimatpfarre Trösens als Ehrenamtliche zum Dekanatsteam der Katholischen Jugend. Gemeinsam mit dem hauptamtlichen Jugendleiter gründeten wir das Jugendteam, um Jugendlichen mehr bieten zu können: Ausflüge, Kino oder Wandern. Im Herbst 2004 gab der Gemeinderat grünes Licht für die Eröffnung des Jugendraums,

mit eigenem Budget für Limo und Knabbergebäck. So konnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Dorfjugend hatte einen festen Platz und eine feste Zeit, bis zu 35 Jugendliche kamen zusammen; die Anwohner beschwerten sich nicht mehr über das Remmidemmi, das Freitag abends vor dem Gemeindeamt geherrscht hatte.

 

Als ich dann Jugendleiterin wurde, gestattete die Diözese mir, ohne entsprechende Qualifikation zu beginnen. Nach dem ersten Jahr durfte ich eine Ausbildung wählen: pädagogisch oder theologisch? Ich wollte etwas Praktisches, machte die Studienberechtigungsprüfung und absolvierte berufsbegleitend das Kolleg für Sozialpädagogik in Stams. Weiterbildung ist mir wichtig, und um einmal ein zweites Standbein zu haben, habe ich 2014 eine Zusatzausbildung zur Gesundheitstrainerin absolviert. Heute kommen immer weniger Jugendliche in den Jugendraum. Das liegt zum einen daran, dass ihr Anteil an der Dorfbevölkerung stetig abnimmt und sie weit verstreut sind. Zum anderen haben die Neuen Medien großen Anteil an dieser Veränderung, weil Jugendliche heute über WhatsApp und Facebook Kontakte pflegen. Früher war die persönliche Begegnung viel wichtiger. Außerdem ist nach Schule und Firmung der Kontakt zu den Firmlingen gering, da im Alter von 14–15 alle ins nächste Dekanat auf die höhere Schule abwandern. Haben die Jugendlichen erst eine Lehrstelle, wird es noch schwieriger, wenn sie zunächst mit der Berufstätigkeit

klarkommen müssen.

 

Ohne Beziehungsarbeit geht nichts

Deshalb geht ohne private Kontakte und Beziehungsarbeit nichts. Wir haben derzeit 14 aktive Mitglieder im Alter von 18–31 Jahren im Dekanatsteam. Sie sind wichtige Multiplikatoren, über die immer wieder neue Mitarbeiter dazukommen. Sie können ihre Ideen einbringen, etwa für Jugendgottesdienste oder die Lange Nacht der Kirchen. Irgendwann verlassen sie das Dekanatsteam, wenn sie keine „Berufsjugendlichen“ mehr sein wollen. Um diesen Bezug zur Jugend nicht zu verlieren, sind Weiterbildungen wichtig. Aktuelles Thema: Die jüngeren Jugendlichen kennen sich wenig mit Social Media aus. Sie nutzen das, was sie brauchen und mögen, haben aber oft kein Gespür dafür, welche Beiträge angemessen sind oder wie viel sie von sich preisgeben sollten. Da sind wir Jugendleiter gefragt, entsprechenden Bedarf zu erkennen. So lernen wir gemeinsam, miteinander und voneinander. Insgesamt sind wir sehr familiär miteinander, die Jugendlichen spüren, dass sie hier einen Platz haben. Genau, was ich immer wollte: Jugendlichen einen Platz bieten, wo sie sich treffen und entwickeln können.

 

Aufgezeichnet von

Saskia Bellem

 

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